Inspiriert von den durchweg positiven
Erfahrungen, die wir dem Hotelprojekt mit Einzelunterkünften während der Coronapandemie entnehmen konnten, haben wir am 1. Mai 2021 unser neues Projekt „Der Schritt Vorwärts – Ein Weg aus
dem Abseits“ ins Leben gerufen. Dieses Projekt organisiert und finanziert ganzjährig die Einzelunterbringung sowie Betreuung obdachloser Menschen für einen Übergangszeitraum. Diese Zeit
nutzen wir, um mit Sozialarbeitern aus unserem Netzwerk und den Teilnehmern eine Zukunftsperspektive aufzubauen.
Die Vermittlung von Wohnraum ist dabei ein Hauptbestandteil dieser Bestrebung. Sie erfolgt mit Unterstützung von Stiftungen,
Firmen sowie privaten Vermietern, die wir durch öffentliche Aufrufe erreichen. Eine direkte Zusammenarbeit mit Wohnungsbaugenossenschaften ist ebenfalls gegeben.
Angelehnt an das Konzept „Housing First“, basiert das Projekt auf einer niedrigschwelligen Aufnahme der Teilnehmer ohne komplexe
Voraussetzungen, da eine sichere und ruhige Unterkunft die Erstvoraussetzung für eine Lösung vieler Probleme ist.
Bereits einen Monat nach Projektstart konnte der erste Teilnehmer das Hotel wieder verlassen und seine eigene Wohnung beziehen.
Eine Woche später zog ein weiterer Gast in eine dauerhafte Wohnunterkunft. Diese schnellen Erfolge kamen auch für uns überraschend. Die Teilnehmer haben mit dem Projekt-Team innerhalb
kürzester Zeit Erfolge erzielt, die vorher in weiter Ferne schienen.
Sie entwickelten dank diesem geschützten Rückzugsort mit Privatsphäre, Sicherheit und Struktur Alltagsroutinen und erholten sich
sukzessiv vom ständigen Überlebenskampf auf der Straße. Sobald dieser Dauerstress nicht mehr den Alltag beherrschte, rückte die Zukunftsplanung oftmals überraschend schnell in den Fokus
der Teilnehmer.
Auch in den folgenden Monaten ergaben sich weitere Projekterfolge. Insgesamt konnten wir in acht Monaten zehn Menschen in
Wohnunterkünfte vermitteln. Einige begannen ein Arbeitsverhältnis, andere konnten Grundsicherung beantragen und der Aufenthalt im Hotel ermöglicht ihnen den Erhalt eines
Dringlichkeitsschein des Wohnungsamtes.
Die jeweilige Teilnahmedauer variierte, aber die in der Planung durchschnittlich vorgesehene drei bis sechs Monate pro Teilnehmer
haben sich bestätigt. Die Unterbringung im Hotel ist nicht als Dauerlösung gedacht, ein stetiger Wechsel der Teilnehmer ist Bestandteil des Konzepts.
Wie lange dieser "Schritt" aber andauert und wie der Weg danach aussieht, ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Die Teilnehmer
gestalten diesen Weg selbst in ihrem Tempo und ohne Bevormundung.
Es hat sich gezeigt, welch großen Unterschied es darstellt, Menschen abseits der Straße in einer sicheren Einzelunterkunft
betreuen und begleiten zu können. Für die Sozialarbeiter ist der Zugang zu den Menschen wesentlich einfacher, was eine bessere Beratung und Unterstützung ermöglichen.
Die Zusammenarbeit mit dem Hotel Schanzenstern Altona gestaltet sich hervorragend und die dort gebotene Struktur sowie das
Hotelpersonal sind weitere Stützen für die Teilnehmer. Diese auch durch eine wöchentliche Reinigung der Zimmer gegebene Struktur erleichtert den Bewohnern die Rückkehr in eigene vier
Wände. Die Eingewöhnung ist im Hotel einfacher als bei einem direkten Einzug in eine eigene Wohnung.
Es ist zudem immer jemand vor Ort, der für die Menschen als täglicher Ansprechpartner zur Verfügung steht. Die Teilnehmer werden
dort nicht ignoriert, wie sie es auf der Straße täglich erleben müssen, sondern, wie andere Gäste auch, umsorgt.
Dieses Gefühl, wieder respektvoll wie jeder andere Mensch behandelt zu werden, ist in unseren Augen auch etwas, das den Menschen
Stärke gibt, den Weg zurück ins Regelsystem zu bestreiten.
Der Zugang zum Projekt wurde überwiegend mit Rücksprache der beteiligten Straßensozialarbeiter vorgenommen, die diese Teilnehmer
auch bereits vorher auf der Straße betreuten.
Für die Projektteilnahmen bestehen keinerlei Bedingungen oder Vorgaben. Der Überlebenskampf auf der Straße ermöglicht es den
Menschen kaum Vorbedingung (wie sie oftmals in anderen Wohnprojekten gefordert werden) zu erfüllen.
Die Unterkunft muss an erster Stelle stehen. Diese Feststellung hat sich auch im Rahmen des Projekts wiederholt bestätigt. Eine
Person hat sich während des Aufenthalts für eine Langzeittherapie und eine Perspektive auf betreutes Wohnen im Anschluss entschieden.
Mit dem Auszug endet für die Menschen die Teilnahme am Projekt, aber nicht unsere Unterstützung. Die Sozialarbeiter und Leben im
Abseits e. V. stehen ihnen weiterhin zur Seite. Es hat sich gezeigt, dass diese Hilfe nachhaltig ist und somit eine Rückkehr auf die Straße verhindert wurde.
In den letzten Monaten haben wir im Rahmen des Projekts zehn Teilnehmer auf Ihrem Weg aus dem Abseits begleitet. Zehn Menschen,
die dank dieses Projekts einen Schritt in eine neue Zukunft machen konnten. Das Konzept funktioniert und bietet Menschen mit relativ geringem finanziellem Aufwand den Weg aus der
Obdachlosigkeit.
Für alle am Projekt Beteiligten war es immer wieder erstaunlich zu sehen, wie schnell sich die Menschen in einem geschützten
Umfeld erholten, Vertrauen aufbauten und Lebensfreude schöpften sowie die Bereitschaft zur Veränderung ihrer Situation erkennen ließen.
Aufgrund der erhalten positiven Resonanz, die Leben im Abseits, das Hotel Schanzenstern sowie die Sozialarbeiter erlebten, ist es
unser gemeinsames Ziel das Projekt „Der Schritt -Vorwärts – Ein Weg aus dem Abseits“ dauerhaft zu etablieren.