Jahresrückblick 2024

Liebe Interessenten, Förderer, Unterstützer und Freunde von Leben im Abseits,

 

das Jahr ist fast vorbei und für den Einen oder Anderen von uns haben sich in diesem Jahr Veränderungen ergeben. Stillstand hat fast keiner von uns erlebt. Keiner? Doch – für die obdachlosen Menschen auf Hamburgs Straßen ist alles beim Alten geblieben. Veränderungen, wie seit Jahren von Sozialarbeitern und Einrichtungen gefordert, konnten die Menschen bisher leider nicht feststellen.

 

Kurz vor dem Jahreswechsel ziehen wir ein Resümee und wollen den Blick darauf richten, welche Ereignisse uns in diesem Jahr beschäftigt und bewegt haben.

 

Gemeinsam mit dem FC St. Pauli und einigen Initiativen der Obdachlosenhilfe aus dem Arbeitskreis Armut und Obdachlosigkeit, konnte am 27. Februar wiederholt der Tag der Begegnungen stattfinden.  Unter dem Motto „St. Pauli sind wir ALLE“ lud der FC St. Pauli in den Ballsaal im Millerntor zu einem Tag der Begegnungen ein. Dieses zwanglose Treffen fand sehr großen Anklang und wir freuen uns auf das kommende Jahr, in dem dieser Tag wiederholt wird.

 

Im März gab es die traurige Nachricht, dass in dem Zeitraum von November 2023 bis März 2024 sechs obdachlose Menschen auf der Straße gestorben sind. Die Stellungnahme zu diesen Todesfällen seitens des Hamburger Senats lautete: „Es ist kein Mensch auf der Straße erfroren“. Welch kalter Satz von den Amtsträgern, die eine Veränderung der Obdachlosenpolitik bis heute nicht anstoßen.

 

Stattdessen setzt Hamburgs Senat, gemeinsam mit der Hamburger Polizei, der Bundespolizei und der Hochbahnwache, auf die Vertreibung von obdachlosen Menschen aus der Innenstadt. Rigoros werden die Menschen vom Hauptbahnhof vertrieben und erhalten Platzverweise. Für Straßensozialarbeiter sind die Menschen dann unauffindbar und andere Stadtbezirke erleben dadurch lebhaften Zulauf. Die Probleme werden also nicht gelöst, sondern lediglich verlagert. Und alles auf dem Rücken der obdachlosen Menschen.

 

Seit dem 1. Mai 2021 gibt es im Bezirksamt Mitte kostenlose Ausweise für obdachlose Menschen. Mit einem Ausweis stehen und fallen alle weiteren Schritte, um ein Leben zurück ins Regelsystem zu starten. Die Ausgabe der gebührenfreien Ausweise war bis zum Ende 2024 befristet. Eine Weiterführung dieses so wichtigen Papiers für obdachlose Menschen steht derzeit leider noch nicht endgültig fest.

 

Endlich konnten wir auch wieder Live in Schulen und Einrichtungen zum Thema Obdachlosigkeit und Bedürftigkeit Workshops durchführen. Präventions- und Bildungsarbeit ist ein bedeutender Teil unserer Tätigkeit. Jugendliche und Kinder sind sehr offen für das komplexe Thema Obdachlosigkeit und werden durch projektbezogene Schulungen und Referate für Ihre Mitmenschen, die im Abseits leben, sensibilisiert. Hier können wir ein „Umdenken“ in der Gesellschaft möglichst frühzeitig erreichen und der Stigmatisierung von Obdachlosigkeit entgegenwirken.

 

Im Mai und Juni dieses Jahres haben wir mit Mitarbeitern der Bücherhalle Hamburg einen Workshop durchgeführt. Hamburgs Bücherhallen sind für alle in der Stadt ein toller Ort für einen ruhigen Moment und natürlich insbesondere auch, um ein spannendes neues Buch zu entdecken. Auch wohnungslose und obdachlose Menschen nutzen diesen öffentlichen Rückzugsort und finden dort etwas Normalität wieder. Sie werden dort, anders als vielerorts sonst, nicht vertrieben. Mit der neuen Service-Karte für wohnungslose Menschen haben sie nun auch die Möglichkeit, die zusätzlichen Angebote der Bücherhallen zu nutzen. Wir haben die Mitarbeiter*innen über die Hintergründe von Wohnungs- und Obdachlosigkeit und das bestehende Hilfesystem informiert. Im Arbeitsalltag hatten viele von ihnen bereits Erfahrungen sammeln können und es gab einen regen Austausch zum Thema.

 

Während der Hitzeperiode in diesem Sommer haben wir die obdachlosen Menschen mit Wasser, Sonnenschutzmitteln und Geldspenden unterstützt. Die Menschen auf der Straße haben sehr unter der Hitze und den fehlenden Rückzugsmöglichkeiten gelitten. Die Gesundheitsbehörde Hamburg traf in einem Interview die Aussage, dass der Senat trotz der großen Hitzewelle keinen Handlungsbedarf sieht! Einfach unfassbar und traurig.

 

Im Juli haben wir unsere Homepage überarbeitet. Die bekannten Informationen sind jetzt unter „www.leben-im-abeits.de“ in einem „neuen Gesicht“ abrufbar.

 

Wir sind unendlich dankbar, dass wir bei der Finanzierung unseres nachhaltigen Projektes „Der Schritt Vorwärts - Ein Weg aus dem Abseits“ so großartig von Ihnen unterstützt werden. Wir konnten mit dem Hotel Schanzenstern die Unterbringung auch ins Jahr 2025 hinein abstimmen.

 

Das Projekt organisiert und finanziert die Einzelunterbringung sowie Betreuung obdachloser Menschen für einen Übergangszeitraum in Einzelzimmern im Hotel Schanzenstern Altona. Seit Projektbeginn konnten bisher 28 Menschen in Wohnraum vermittelt werden. Herzlichen Dank Ihnen allen dafür.

 

Unserem Kooperationspartner, dem FC St. Pauli, danken wir sehr für die Projektunterstützung. Nicht nur bei der Finanzierung des Projektes erhalten wir hier eine großzügige Hilfe, sondern die Hotelbewohner erhalten bei Einzug eine Willkommens-Tüte mit Merchandise Artikeln des FC St. Pauli.

 

Mitten im Herzen Altonas wurde im letzten Jahr der Grundstein für etwas Neues gelegt – Raum für Hoffnung: Rund um die Hauptkirche St. Trinitatis wächst nun das Trinitatis Quartier. Mit Gemeindehaus, Sozialwohnungen, einer Kita, einer Herberge, einem Café als Begegnungsstätte sowie einem von Reimund C. Reich mit einer Großspende versehenen Haus mit Wohnungen für ehemals obdachlose Menschen. Leben im Abseits kann ab Januar 2025 die Belegung von einigen Wohnungen vornehmen und die Betreuung der Bewohner nach dem Ansatz „Housing First leisten. Wir sind unglaublich glücklich, einigen ehemals obdachlosen Menschen bald selbst Wohnraum anbieten zu können und danken der Reimund C. Reich Stiftung sehr, die mit der Schaffung dieser Wohnungen wirkliche Räume für Hoffnung schafft.

 

In diesem Jahr führen wir unsere Hamburger Dialoge zum Thema Obdachlosigkeit in Kooperation mit dem FC St. Pauli durch. Unter dem Motto St. Pauli sind wir ALLE – Hamburger Dialoge zum Thema Obdachlosigkeit finden vier Veranstaltungen in der Zeit von November 2024 bis Februar 2025 mit Referenten aus unterschiedlichen Fachgebieten in den Fanräumen des Millerntor Stadion statt.

 

Der Winter stellt uns, wie in jedem Jahr, alle vor große Herausforderungen. Die Stadt Hamburg bleibt, unverständlich für uns, bei der Unterbringung in Massenunterkünften. Des Weiteren müssen alle obdachlosen Menschen die Notunterkünfte am Morgen verlassen und dürfen erst ab 17 Uhr wieder in die Unterkunft. Wir werden also schauen, wie wir die Menschen auf der Straße mit dem Notwendigen weiterhin unterstützen können. Nach wie vor sind wir ebenfalls täglich auf der Straße unterwegs, um nach den obdachlosen Menschen zu schauen, sie ggf. an andere Einrichtungen zu vermitteln oder mit ihnen und erfahrenen Sozialarbeitern den Weg zurück ins Regelsystem zu planen. Sehr auffällig ist hier, dass die Anzahl der Menschen auf der Straße stetig steigt und die zunehmende Verelendung der Menschen ebenfalls stark sichtbar ist.

 

Ihnen allen sagen wir nochmals herzlichen Dank für die Unterstützung in Form von Spenden, Worten und Sachmitteln. Es ist wunderbar, Sie alle bei dieser wichtigen Arbeit an unserer Seite zu haben. Nur durch Ihre Unterstützung ist es uns möglich, unsere Arbeit leisten zu können. Das ist uns täglich bewusst und dafür danken wir Ihnen so sehr. Wir hoffen, Sie bleiben auch im kommenden Jahr an unserer Seite.

 

Jetzt wünschen wir Ihnen und Ihrer Familie eine schöne Weihnachtszeit, erholsame Festtage sowie ein glückliches und gesundes Jahr 2025

 

 Das Team von Leben im Abseits e. V.